Wurde einem Kind nach der Geburt wegen #Trisomie 21 das #Merkzeichen "H" zuerkannt, so darf dieses Merkzeichen nicht allein deshalb wieder entzogen werden, weil das betroffene Kind volljährig geworden ist. Zwar sind bei #Volljährigkeit die in Teil A Nr. 5 VMG geregelten "Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen" nicht mehr zu berücksichtigen. Ob weiterhin #Hilflosigkeit vorliegt, kann sich allerdings auch aus den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften – insbesondere § 33b Abs. 6 Satz 3 und 4 EStG und Teil A Nr. 4 VMG – zum #Nachteilsausgleich "H" ergeben. Dies entschied das SG Karlsruhe im Mai dieses Jahres.
Nachteilsausgleiche kurz nach der Geburt festgestellt
Die Klägerin litt in dem entschiedenen Fall unter Trisomie 21 (#Down-Syndrom), so dass bei ihr nach der Geburt auf Antrag ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G" (#Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr), "B" (#Ständige Begleitung) und "H" (#Hilflosigkeit) festgestellt wurden.
Gericht veranlasst Sachverständigengutachten
Kurz nach Eintritt der Volljährigkeit wurde der Klägerin von der ausstellenden Behörde mittels Änderungsbescheid das Merkzeichen "H" mit der Begründung entzogen, die Voraussetzungen für die Feststellung des gesundheitlichen Merkmals "H" seien nicht mehr erfüllt. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos. Im Rahmen des Klageverfahrens gab das SG ein Sachverständigengutachten in Auftrag. Hierin stellte die Sachverständige nach erfolgter medizinischer Begutachtung fest, dass die Klägerin infolge der Trisomie 21 zu allen Verrichtungen Überwachung oder Anleitung benötige.
Klage hatte Erfolg
Nach Auffassung des Sozialgerichts war zwar eine wesentliche Änderung im Vergleich zu den Verhältnissen kurz nach der Geburt insofern eingetreten, als die Klägerin damals noch ein Säugling gewesen sei und nunmehr das 18. Lebensjahr vollendet habe.
Nachteilsausgleich nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften
Deshalb seien die in Teil A Nr. 5 VMG geregelten "Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen" nicht mehr zu berücksichtigen. Es seien bei Eintritt der Volljährigkeit vielmehr die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften – insbesondere § 33b Abs. 6 Satz 3 und 4 EStG und Teil A Nr. 4 VMG – zum Nachteilsausgleich "H" anzuwenden.
Besserung des Behinderungszustandes nicht nachgewiesen
Durch das Gericht wurden bei der Klägerin aufgrund ihrer Trisomie 21 Einschränkungen der feinmotorischen Fertigkeiten, ein erhebliches Sprach- und Sprechdefizit sowie Störungen im Sozialverhalten und ein Mangel an Gefahrenbewusstsein festgestellt. Der bei der Klägerin anerkannte Pflegegrad 3 erfasse schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten. Dem Beklagten sei nicht der Nachweis gelungen, dass sich der Behinderungszustand aufgrund der Trisomie 21, zum Beispiel aufgrund einer eingeleiteten Therapiemaßnahme, wesentlich gebessert habe.
Operierter Herzfehler ebenfalls zu berücksichtigen
Nach Teil A Nr. 4 f aa) der VMG sei das Merkzeichen "H" in der Regel auch erfüllt bei Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung, wenn diese Behinderungen allein einen GdB von 100 bedingen, urteilte das SG. Bei der Klägerin sei ein #GdB von 100 für die Trisomie 21 und den operierten Herzfehler anerkannt. Dem Beklagten sei insbesondere auch deshalb nicht der Nachweis gelungen, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen "H" aufgrund der Vermutungsregelung nicht mehr vorlägen.
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