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  • AutorenbildBeate Metschkoll

Wann erhalte ich Krankengeld trotz verspäteter Vorlage der AU-Bescheinigung?

Mit dieser Frage haben sich kürzlich zwei gerichtliche Entscheidungen des SG Detmold befasst.

Bei verspäteter Vorlage der AU-Bescheinigung durch den Versicherten selbst besteht kein Anspruch auf Krankengeld

Das Sozialgericht Detmold hat mit Urteil vom 12.01.2018 – Az.: S 3 KR 824/16 – klargestellt, dass bei verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Versicherten selbst kein Anspruch auf Krankengeld besteht. Dem lag folgender Fall zugrunde: Die ab dem 01.06.2016 als Arbeitnehmerin beschäftigte Klägerin erkrankte am 10.06.2016 arbeitsunfähig. Sie erhielt am 10.06.2016 eine AU-Bescheinigung. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2016. Die AU-Bescheinigung ging erst am 01.07.2016 bei der beklagten Krankenkasse ein. Diese lehnte die Zahlung von Krankengeld wegen verspäteter Vorlage der AU-Bescheinigung ab.

Verspätete Vorlage der AU-Bescheinigung

Das SG Detmold gab der beklagten Krankenkasse Recht. Für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis 30.06.2016 ruhe das Krankengeld und komme nicht zur Auszahlung, da die Bescheinigung verspätet übersandt worden sei. Dem Einwand der Klägerin, sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass ihr noch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zustehe, folgte das Gericht nicht.

Verschulden des Arztes ohne Bedeutung

Auch ein Verschulden des behandelnden Arztes bei der Verwendung des Vordrucks könne der Beklagten nicht zugerechnet werden. Denn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trage den eindeutigen Hinweis „Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse“, so dass sich daraus für die Klägerin klar erkennbar eine Verpflichtung zur Weiterleitung an die Krankenkasse ergebe. Die Klägerin könne sich nicht auf die Vorschriften im Gesetz über die Entgeltfortzahlung berufen, denn sie könne vom Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlangen, da das EntgFG noch nicht anwendbar sei. Zudem könne aus dem EntgFG nicht geschlossen werden, dass der Versicherte sich auf die Meldung der AU durch den Arzt bei der Krankenkasse verlassen könne.

Meldepflicht ist Obliegenheit des Versicherten

Vielmehr sei die gesetzliche Meldepflicht der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse eine Obliegenheit des Versicherten. Dadurch solle die Krankenkasse frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt werden, den Gesundheitszustand des Versicherten gegebenenfalls durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen.

Bei verspäteter Vorlage der AU-Bescheinigung durch den behandelnden Arzt besteht demgegenüber Anspruch auf Krankengeld

Eine Ausnahme von dieser Obliegenheitsverpflichtung greift allerdings nach dem jetzt veröffentlichten Urteil des SG Detmold vom 15.11.2017 – Az.: S 5 KR 266/17 – dann, wenn dem Versicherten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vom Arzt ausgehändigt wird, sondern von diesem mit dem dafür von der Krankenkasse vorgesehenen Freiumschlag direkt an die Krankenkasse geschickt werde – wenn auch verspätet nach Ablauf der einwöchigen Meldefrist. In dem vom SG Detmold entschiedenen Fall ging es um Krankengeld nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes.

Ausnahme von Obliegenheitsverpflichtung des Versicherten

Diese Ausnahme von der Obliegenheit des Versicherten, dass er selbst die AU-Bescheinigung für den Anspruch auf Krankengeld der Krankenkasse zuleiten müsse, ergebe sich vorliegend aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Danach ist der Arzt verpflichtet, die AU der Krankenkasse zu melden.



Da der Arzt nach Ablauf des Entgeltzahlungszeitraumes ungefragt den zur Vorlage bei der Krankenkasse vorgesehenen Teil des Vordrucks nicht an den Versicherten ausgehändigt, sondern selbst die Weiterleitung übernommen habe, habe die Klägerin nämlich keine Möglichkeit gehabt, selbst für den rechtzeitigen Eingang der AU-Bescheinigung bei der Krankenkasse zu sorgen. Sie habe sich vielmehr auf die Weiterleitung durch den Arzt verlassen dürfen. Die Krankenkasse habe die Freiumschläge der Arztpraxis zur Verfügung gestellt. Daraus ergebe sich ein Hinweis, dass dieser Übermittlungsweg berechtigt genutzt worden sei. Der Arzt habe als Vertragsarzt innerhalb seiner berufsrechtlichen Befugnisse gehandelt. Die Krankenkasse trage somit das Risiko eines verspäteten Zugangs.

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